02:40
0

Wir sind die Homokliten von Arkturus. Auch wir sind Teil dieser Geschichte. Dies ist
unsere Geschichte. Es kann keine Klasse von Wesenheiten und Intelligenz namens
‚Heterokliten’ geben, ohne daß gleichzeitig eine andere solche Klasse namens
‚Homokliten’ existiert.

Anfangs verstanden wir dies alles nicht. Erst als der rasche Fortschritt und Erfolg der Heterokliten von Ur-Ark-Tania bei ihrer Überwindung der Ältesten der Zehn klar auf der Hand lag, bekannten wir, die Bewohner der zehn größeren Planeten des Arkturus- Systems, uns selbst dazu, daß wir die Homokliten von Arkturus waren und sind.
So wie die Heterokliten von Ur-Ark-Tania haben auch wir unseren Stolz. Analogien bis zur extremen Unregelmäßigkeit zu meistern, wie es bei unseren heteroklitischen
Verwandten der Fall ist, stellt nur eine Seite der Medaille dar. Wir sind ebenso geschickt.
Unsere Kunstfertigkeit besteht jedoch im korrekten Erfassen und gleichförmigen
Anwenden der für Ähnlichkeiten maßgeblichen Gesetze: der Homologien. Aus diesem Grund lernten wir uns selbst als ‚Homokliten’ zu bezeichnen.

Laßt uns hier aus der ‚Enzyklopädie der galaktischen Ähnlichkeiten’ zitieren:
“Über Heterokliten und Homokliten sollt ihr dies und nur dies wissen:

Tragen die einen euch höher, so lassen euch die andern niemals allein.”
Als wir unseren lange Zeit hindurch verloren geglaubten Keimzellenverwandten von den äußersten Planeten - die Randbereiche des Arkturus-Systems sind wahrlich sehr weit entfernt! - erstmals begegneten, waren wir natürlich alle sehr aufgeregt. Jede einzelne ihrer Sinneskeimzellen hatte eine hervorragende Veranlagung, und jede ihrer Gruppen bildete in ihren leidenschaftlichen Liebesakten eine unerhört starke Einheit. Wir konnten die überraschende evolutionäre Wendung, welche sich bei den Bewohnern des äußeren Arkturus vollzogen hatte, kaum verstehen und noch viel weniger darauf hoffen, ihnen auf ihrer hohen Ebene zu begegnen.

Verglichen damit war unsere Situation zu jener Zeit langweilig und freudlos, unsere
Gruppen waren schlecht koordiniert, und unsere Originalität lag unter einer tranceartigen Schicht geringer Selbstachtung begraben - dies alles waren die gefürchteten Auswirkungen dessen, daß wir so lange den religiösen Diktaten der Ältesten der Zehn gehorcht hatten:
den Zehn Geboten der Verteidigung und Sicherheit. Ach! Wogegen verteidigten sie uns und in welcher Sicherheit wiegten sie uns denn? Sie ‚verteidigten’ uns gegen unsere Originalität und wiegten uns in der ‚Sicherheit’ unserer Ignoranz. Allein deshalb vermochten die Ältesten der Zehn ihre Herrschaft über uns so lange
aufrechtzuerhalten.

Glücklicherweise verhielten sich die Heterokliten uns gegenüber ebenso freundlich, wie sie in ihrer Liebe zueinander achtsam waren. Sie überwältigten uns vollständig mit ihren symphonischen Ekstasen, als ob sie uns ein Ständchen darböten. Als wir aus dem langen Schlaf unserer eigenen selbst-verstärkten Dunkelheit erwachten, sahen wir uns selbst in einem liebevolleren Licht - nicht als Besiegte oder Konkurrenten der Heterokliten, sondern als Homokliten aus eigenem Recht. Mit unserer Existenz forderten wir unseren Anteil bei der Erfüllung einer kosmischen Funktion, die so bedeutend war wie jene der Heterokliten.
Genaugenommen hätten die Heterokliten ohne Anwendung des kosmischen Gesetzes homologer Verhältnisse mit ihrer Probe nur geringen Erfolg.

Am Anfang hätte niemand von uns erkennen oder vorhersehen können, auf welch
seltsame Weise wir den Heterokliten einmal Beistand leisten würden. Genau wie sie einst so machtvoll und rätselhaft in unser Leben getreten waren, so sollten auch wir in ihr Leben zurückkehren.

Und dies geschah folgendermaßen: Nach der Befriedung und Wiedereingliederung der Homokliten auf den inneren zehn Planeten des Arkturus-Systems, von uns später als ‚Arkturus Major’ bezeichnet, brachen die Heterokliten zu ihrer Mission - der Arkturus-Probe - auf.

Als galaktisch föderierte Vertreter der Intelligenz des arkturianischen Sternsystems
gingen wir mit der Betreuung des galaktisch-planetaren Parksystems des lokalen Sternes natürlich weiter unserer gewohnten Tätigkeit nach. Das Volk, welches in seinem Zustand der telepathischen Seligkeit schwelgte, wurde, abgesehen von einer zentralen Gruppe auf jedem der zehn Planeten, nicht mit dem Wissen über die Probe konfrontiert. Die Probe war lediglich eine mythische Konstruktion, eine wohlwollende Geschichte, der Anhang zu einem gemeinsamen Gebet um telepathisches Wohlergehen in einem unglaublich großen
und geheimnisvollen Kosmos.

Und da wir von unserer Anlage her zum Homoklitischen neigten, konzentrierte sich
unsere gesamte Aktivität auf die Herstellung immer erstaunlicherer Ähnlichkeiten, die wir durch telepathische Begegnungen in parallelen Universen in Erfahrung gebracht hatten. Auf diese Weise begannen wir Homokliten im Arkturus-System allmählich mit der Errichtung eines lebenden Museums galaktischer Übereinstimmungen, eines parallel-universalen Vergnügungsparks voll beispielloser Freuden! Die Pflege unseres galaktischen Vergnügungsparks kam uns eigentlich sehr gelegen und hielt uns davon ab, zu großes Interesse für alles, was auch nur am Rande mit der Probe zu tun hatte, aufzubringen. Denn für die überwiegende Mehrheit der ähnlichkeits-liebenden Homokliten hatte bereits die Vorstellung von der Probe selbst einen äußerst unangenehmen heteroklitischen Beigeschmack.

Doch für das kleine aber engmaschige Netzwerk der zentralen Gruppen, welches die
zehn Planeten umspannte und in konstanter telepathischer Verbindung mit den
verbliebenen Keimzellen auf Ur-Ark-Tania stand, stellte die Sorge um das Schicksal und die Sicherheit der Probe sowie ihrer interdimensionalen Fracht eine fortdauernde Leidenschaft dar. Sorgfältig untersuchten und verarbeiteten diese Gruppen die Informationen über Memnosis, die Entstehung Merlyns und die katastrophalen Geschehnisse im Alpha Centauri-System. Als diese Ereignisse in unserem gesamten Reich bekannt wurden, faßten wir die Enträtselung der Luzifer-Verschwörung ernsthaft ins Auge. Angesichts dessen, daß wir selbst Zeugen des wachsenden Elends auf Ur-Ark-Tania wurden, wußten wir schließlich mit Bestimmtheit, daß wir Homokliten nun untrennbar mit der Probe verbunden waren.

Unsere erste Handlung als deren fester Bestandteil war die Entsendung von
Unterstützungs- und Überwachungseinheiten nach Ur-Ark-Tania. Da, wo sich einst Keimzellen in liebender Freude zur höchsten Erleuchtung entfaltet hatten, wurden ihre vegetabilen Körper jetzt von einer geheimnisvollen, peinigenden Krankheit zerstört. Während wir machtvolle Zeremonien des geistigen Austausches und der Reinigung zugunsten dieser sterbenden Keimzellen durchführten, gewann unsere Entschlossenheit erheblich an Kraft. Wiedererstarkt durch dieses unbeirrbare Streben nach dem universalen Leben schritten wir zur Planung konkreter Maßnahmen, um einige unserer Einheiten mit den zahlreichen Heterokliten in ihren interdimensionalen Kokons zu verbinden.

Diese Aktivitäten stellten jedoch nur Notmaßnahmen dar. Als wir uns mit der Sachlage samt all ihren Verflechtungen näher befaßten, erkannten wir um einiges deutlicher, was wir zu tun hatten. Dem Gesetz der Homologie entsprechend würden einige von uns in Gestalt von Heterokliten re-inkarnieren. Wir erachteten dies als einen notwendigen Akt, durch den der totale Verfall des vegetabilen Körpers und die spirituelle Schwächung des Holon aufgehalten werden könnte. Hätten wir damit Erfolg, so könnten wir die Blutlinie des vegetabilen Körpers bis zur Rückkehr der Heterokliten von Ur-Ark-Tania in einer Art Ruhezustand am Leben erhalten.

Demgemäß würden wir einen Wettbewerb zwischen allen Bewohnern von Arkturus
Major initiieren, um zu sehen, welche Keimzellengruppe ihr sensorisches Verlangen am höchsten entwickelt hatte. Diese Keimzellengruppen würden sodann dafür eingesetzt werden, sich mit den Heterokliten in Akten fortdauernden Heldentums homolog zu verbinden. Und diese Akte homologen Heldentums würden neue Zielstrebigkeit und Energie in die Probe einfließen lassen und sie daran hindern, angesichts der durch das Luzifer-Element verursachten Zerstörungen ins Stocken zu geraten.

Sobald wir unsere Vorgangsweise klar vor Augen hatten, wurde die gesamte
Bevölkerung von Arkturus Major darüber informiert. Es gab keinen Widerstand gegen unsere Pläne. Ganz im Gegenteil - die Situation der Probe wurde in der täglichen telepathischen Kommunikation immer häufiger zum ‚Gesprächsthema’. Trotz - oder vielleicht sogar dank - der Geschehnisse im Alpha Centauri-System wurde die Arkturus-Probe nun von allen unterstützt und mit Begeisterung verfolgt. Wie schon so oft hatten der Stolz und Erfindungsreichtum der Arkturianer neuerlich den Sieg davongetragen.

Bald verlangten mehr und mehr Homokliten lautstark, mit Heterokliten paarweise
vereint zu werden. Die Evolution schlug eine neue Richtung ein. Aus den eindrucksvollen galaktischen Parklandschaften von Arkturus Major erklangen neue Töne und Lieder, und es verströmten sich auch neuartige Düfte. Es war, als ob ein großartiger, betörender Zauber unsere Zellen durchdrungen hatte. Niemals würden wir wieder von den Heterokliten und der Romantik der Probe getrennt sein. Wir Homokliten tauchten in eine Welle universaler Liebe ein, welche unsere Begrenzungen auflöste, uns noch stärker miteinander vereinte und uns ein noch tieferes Verständnis unserer Mission ermöglichte:

“Um das Abbild deines eigenen Herzens zu finden,

Tu, was du wirklich liebst, und verwandle es in Kunst.”

So endet die erste Homologie der Homokliten von Arkturus Major.