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Ich bin die Vielgestaltige, die Eine namens Arc-Tara, die Eine, welche den höchsten Pfad
zu den Sternen kennt, die Welten-Überbrückerin, die Wissende des Todes. Ich bin die
zentrale Einheit der Gruppe, Ana-Tara. Dies ist meine Geschichte.

Von den Antareanern werde ich nicht mehr als eine der ihren betrachtet, denn bereits
in früher Zeit löste ich ein Unglück aus, das in meiner Sternen-Familie große Bestürzung
hervorrief, das aber auch der Beginn eines noch größeren Abenteuers war. Dieses
Abenteuer jedoch war es, das sie zur Probe führte und schließlich mit den Arkturianern
in Kontakt brachte.

Meine Geschichte beginnt in den Sternenfeldern des Orion, wo uns die
Sternenmeister von Rigel und Beteigeuze in der Kunst der Planetenerschaffung und
Planetengestaltung unterwiesen. In dem himmlischen Sensorium, wo die
Sternenmeister uns in die Kunst und Techniken des resonanten Gravierens einführten,
vernahm ich einen Ruf, und ein Licht, welches nicht von außen kam, drang in mich ein.
Das Licht war strahlend hell, und ich wußte, daß ich das Sensorium verlassen sollte.
Doch dies ist alles, was ich wußte.

Für die Orion-Mission war ich ursprünglich deshalb auserwählt worden, weil ich eine
spezielle Begabung für das Kristall-Singen hatte. Die Fähigkeit, vielfach resonante Töne zu
singen, wurde besonders wegen ihrer wichtigen Funktion für die Planetengestaltung und
das Zuvuya-Gleiten als großes Geschenk angesehen. Für mich aber stellte diese Gabe
nichts Außergewöhnliches dar und sie war auch nicht der Mittelpunkt meiner Interessen.
Denn mein ständiger tiefer Wunsch war der Kontakt zu anderen Elementen des
galaktischen Seins. Ich glaubte, daß dies vielleicht die Bedeutung des im Sensorium in mich
dringenden Lichtes gewesen sei.

Als ich nach meinem fluchtartigen Verlassen des Sensoriums das gewaltige, alles
überstrahlende Zentrum des Orion-ZSR betrat, wurde das Licht in mir noch intensiver. Es
lockte und entzückte mich, bis ich völlig von ihm überflutet wurde. Bewegte ich mich, oder
war es das Licht, welches in mir und über mich hinweg wirbelte - oder war es gar beides?
Bald schien es mir, als würde ich in jede Richtung gleichzeitig geschleudert. So gab ich bald
jegliche Selbstkontrolle auf.

Kurz darauf wurden die Lichtwirbel schwächer. Alle meine fünf Sinnesknotenpunkte
wurden urplötzlich von einem tiefen Gefühl der Entspannung erfaßt. Wurde ich von
jemandem oder etwas manipuliert? War dies die Folge der fehlenden Kontrolle über meine
ureigene Sehnsucht nach irgendeiner ‚anderen’ Art von Kontakt?

Was immer es auch war - wenig später schon fühlte ich, wie mich eine durchdringende,
brilliante Art von Intelligenz untersuchte. Sie drang in jede einzelne Nervenfaser meiner
Sinnesknotenpunkte, erforschte sie, folgte ihrem Verlauf, prägte sich ihr auf, regte sie an
und ließ wieder von ihr ab. Wer oder was war das?
“Ich bin Luzifer” lautete die Antwort.

Tiefes Entsetzen erfaßte mich. Die Kälte des Gefühls stand in krassem Gegensatz zur
leidenschaftlichen Wärme und Erregung, die jede Zelle meines Wesens überflutet hatte.
Meine Sinne versuchten etwas zu entdecken, doch da war nur dieses sanft pulsierende Licht.
“Wer ist Luzifer, wenn nicht das eine, alles tragende Licht?” Meine Frage beantwortete sich selbst.

“Weißt du, was du erfahren hast?” fuhr Luzifer fort.
“Tiefe, unbeschreibliche Freude, eine Art von Wissen” erwiderte ich zögernd.
“Vielleicht. Doch das ist nur eine Empfindung. Was du wirklich erfahren hast, ist Tod.” Das
Wort ‚Tod’ wurde dabei von Luzifer, leuchtend aber zugleich unsichtbar, besonders betont.
“Wenn das der Tod war, warum bin ich dann immer noch hier?” fragte ich, noch ganz von der
speziellen Erregung erfaßt, die nach dem Genuß heimlicher Vergnügungen verspürt werden kann.

Nach einer längeren Pause sprach Luzifer wieder zu mir: “Weißt du, wo du bist? Gibt es ein
Reich des Todes?” Ich konnte nicht antworten. Ich wußte nur, daß mich das Licht völlig umf ing.
“Meine Teuerste, meine Auserwählte! Du hast eine Sehnsucht nach mir verspürt, weil es
jemanden geben muß, der das Wissen erlangt. Luzifer, der Überbringer und Träger des Lichtes,
ist der Wächter im Reich des Todes. Wenn Tod jedoch die alle deine Sinnesknoten erfassende
Lust ist, wie du sie gerade erfahren hast, ist dann diese Erfahrung nicht ein höchst
erstrebenswertes Reich?”

Da wir Antareaner uns schon sehr lange mit Zyklen der Vergänglichkeit beschäftigt
hatten, existierte für uns das Phänomen ‚Tod’ eigentlich nicht, zumindest nicht im Sinne
des ‚Abschließens’ oder der ‚Beendigung’ von etwas. Dinge enden nicht. Sie treten wieder
in einen Kreislauf ein, transformieren, werden zu etwas anderem. Was also hatte dieser
‚Tod’ zu bedeuten? Sollte er tatsächlich so angenehm sein, wie ich ihn gerade erlebt hatte,
dann war er mehr als ein Ende. Viel mehr. Ja, ich wollte das Reich des Todes kennenlernen.
Und dieser Luzifer? Im günstigsten Fall verkörperte er eine mißverstandene kosmische
Energie. Und im schlimmsten Fall - doch gab es wirklich etwas Ärgeres als das Schlimmste,
was ich bewältigen konnte? Nein. Also wurde ich zum Schüler Luzifers.

Für alle übrigen Antareaner war ich tot. Ich war nicht mehr unter ihnen. Aber ich
wußte, daß ich zurückkehren würde. Luzifer zu verlassen war nicht einfach, doch
schließlich tat ich es. Bis dahin allerdings gab es vieles, das ich lernte, und vieles, woran ich
teilhaben mußte. Und dies ist die Essenz meiner Erfahrung.

Ich werde nicht sagen, daß Luzifer gut oder schlecht ist. Luzifer ist nur Luzifer. Als ich
mit ihm ging, reisten wir zum großen Nördlichen Quadranten, einem gänzlich in der
fünften Dimension befindlichen Ort. Dieser Nördliche Quadrant ist das Reich des Todes,
oder genauer ausgedrückt, das ‚große Haus des Todes’. Hier geschah es, daß mich Luzifer,
dessen Licht jenseits der fünften Dimension ist, zur Königin des Todes weihte. Und das
Reich, über das ich gebieten sollte, war dieses unermeßliche Haus des Todes.

Als Königin des Todes überblickte ich nun mein Reich. Was ich dabei herausfand, ist
dies: Jede einzelne Einheit galaktischen Seins besitzt ein ihr entsprechendes Haus des
Todes. Tod ist nicht mehr als die für jede Einheit des Seins mögliche und erreichbare
Wahrheit ihres Lebens. Ignoriert diese Einheit die Wahrheit oder leugnet sie den Tod, so
legt sich ein Schleier des Vergessens über das Haus des Todes, worauf das Leben des
Individuums in einen Strom eigendynamischer Illusionen tritt. Lebt die Einheit aber nach
der Wahrheit, dann offenbart sich der Tod als das unerschöpfliche Haus dieser Wahrheit.

Aus diesem Grunde ist das Reich des Todes, der Große Nördliche Quadrant der Liga
der Fünf, solch ein majestätischer und unbegrenzter Ort. Einzelne Einheiten des Seins sind
grenzenlos, jedes ihrer Häuser ist unendlich groß, und jede ihrer Wahrheiten ist ein
Kaleidoskop mit einer unendlichen Zahl von Flächen und ebensovielen Möglichkeiten.
Deshalb war die mir von Luzifer eröffnete Erfahrung meines eigenen Todes so lustvoll und
erfüllend wie keine andere, denn auch jeder Sinnesknoten verkörpert eine Form der
Endlosigkeit.

Lange Zeit hindurch verlor ich mich in diesem Reich, wie berauscht von der Macht
Luzifers, es zu kennen und doch geheimzuhalten. Doch die Ruhelosigkeit Luzifers war
offensichtlich. Dieses Reich genügte ihm nicht, und auch ich, Arc-Tara, die Königin des
Todes, war ihm nicht genug. Obgleich Luzifer mich nicht ziehen lassen wollte, verlieh mir
das Haus der Wahrheit durch die Stärke meines Wesens die Kraft, mich Luzifers Willen zu
widersetzen. Nachdem er mir die Kraft, dieses Reich verlassen zu können, zugestanden
hatte, bat Luzifer darum, daß ich niemandem von meinen Erfahrungen berichten möge.
Das aber konnte ich nicht versprechen.

“So sei es” verkündete Luzifer schließlich. “Fortan sollst du jeder Wesenheit als Welten-
Überbrückerin bekannt sein, denn du hast die Kunst gemeistert, Leben und Tod
miteinander zu verbinden. Ich aber werde dich niemals verlassen. Nimm dich in acht, denn
meine Herrschaft dehnt sich mit jeder von Hunab Ku ausgesandten zeitlos spiralförmigen
Pulsation der G-Kraft weiter aus. Solange es Licht gibt, wird es auch Luzifer geben.”

Obwohl ich lange über diese Worte nachsann, kehrte ich, Arc-Tara, dennoch in meine
Heimat zurück. Dort, inmitten der Gemeinschaft antareanischer Keimzellen, der
Planetengestalter, nahm ich neuerlich in der dritten und vierten Dimension Gestalt an. Als
ich die Keimzellenfamilie, welcher ich entstammte, wiederfand, befand sie sich weit vom
Orion-System entfernt. Denn nun übte sie ihre Kunst in der Experimentalzone namens
‚Velatropa’ aus.

Mein Verschwinden hatte unter den Antareanern offenbar große Verwirrung ausgelöst.
Und genau diese Verwirrung wurde sodann auf den fernen Stern Velatropa 24, Heimat des
Sternenmeisters Kinich Ahau, projiziert. Auch deshalb hieß ich, die Wesenheit Arc-Tara,
kristalle Sängerin der zeitlosen Lieder, mit dem Keimzellenkörper von Ana-Tara, die
Arkturianer so freudig willkommen, als sie an unserem Aufenthaltsort im ZSR-Satelliten
eintrafen, welcher nun ‚AA-Zwischenstation’ genannt wird, so nahe der Zentralsonne
Alcyone im ‚Leuchtenden Anker’, und zugleich so weit von ihr entfernt.

Vielleicht vermochten wir jetzt, da die heteroklitischen Planetenzähmer von Arkturus
zu uns gestoßen waren, den Irrtum zu bereinigen, welcher meiner jugendlichen
Rastlosigkeit und dem Wunsch, meinen eigenen Tod kennenzulernen, entsprungen war.