Seite 47-49:
Die Sonnen-Zeitalter
Ein Ereignis, das in den Überlieferungen von den Weltaltern immer wiederkehrt, ist das Auftauchen einer neuen Sonne zu Beginn eines jeden Zeitalters. In den Überlieferungen zahlreicher Völker aus aller Welt findet sich das Wort »Zeitalter« ersetzt durch das Wort »Sonne«.
Die Mayas zählten ihre Zeitalter nach den Namen der aufeinanderfolgenden Sonnen. Sie hießen Wasser-Sonne, Erdbeben-Sonne, Hurrikan-Sonne oder Feuer-Sonne. »Diese Sonnen bezeichnen die Epochen, denen die verschiedenen von der Erde bestandenen Katastrophen zugeordnet sind.«
Ixtlilxochitl (etwa 1568-1648), der indianische Gelehrte, bezeichnete in seinen Annalen der Könige von Tezcuco die Weltalter mit den Namen von »Sonnen«. Die Wasser-Sonne (auch Sonne der Wasser) war das erste Zeitalter und fand sein Ende in einer Flut, in der fast alle Lebewesen umkamen; das Zeitalter der Erdbeben-Sonne ging in einem schrecklichen Erdbeben unter, bei dem die Erde an vielen Stellen barst und Berge einfielen. Das Weltalter der Hurrikan-Sonne wurde von einem kosmischen Orkan zerstört. Die Feuer-Sonne war das Weltalter, das in einem Regen von Feuer unterging.
»Die Nationen von Culhua oder Mexiko«, so zitiert Humboldt den spanischen Schriftsteller Gomara aus dem sechzehnten Jahrhundert, »glauben, entsprechend ihrer Hieroglyphenmalereien, daß vor der Sonne, die sie jetzt bescheint, bereits vier andere der Reihe nach ausgelöscht worden waren. Diese vier Sonnen entsprechen ebensovielen Zeitaltern, in denen das Menschengeschlecht durch Überschwemmungen, durch Erdbeben, durch eine allgemeine Feuersbrunst und durch die Wirkungen verheerender Stürme vernichtet wurde.« Jedes einzelne der vier Elemente hatte seinen Anteil an jeder dieser Katastrophen; Wasserflut, Sturmwind, Erdbeben und Feuer gaben den Katastrophen ihren Namen, je nachdem, welches Element in den einzelnen Umwälzungen jeweils vorherrschte. Die symbolischen Zeichen der verschiedenen Sonnen finden sich in den literarischen Dokumenten des vorkolumbischen Mexiko aufgezeichnet.
Cinco soles que son edades, oder »fünf Sonnen, die Zeitalter sind«, schrieb Gömara in seiner Beschreibung der Eroberung von Mexiko. Eine Analogie zu diesem Satz von Gomara kann man bei Lucius Ampelius, einem römischen Schriftsteller, finden, der in seinem Liber memorialis schrieb: Soles fuere quinque (»Es gab fünf Sonnen«). Das ist dieselbe Vorstellung, wie sie Gömara in der neuen Welt gefunden hat.
Die mexikanischen Annalen von Cuauhtitlan, in Nahua-India-nisch (etwa 1575) abgefaßt und auf alte Quellen zurückgehend, enthalten die Überlieferung von sieben Sonnen-Zeitaltern. Chicon-Tonatiuh oder »Die Sieben Sonnen« ist die Bezeichnung für die Weltzyklen, die Akte des Weltendramas.
Das buddhistische Buch der Visuddhi-Magga enthält ebenfalls ein Kapitel über die »Weltzyklen«. »Es gibt drei Zerstörungen: die Zerstörung durch Wasser, die Zerstörung durch Feuer und die Zerstörung durch Wind.« Nach der Katastrophe der Sintflut und »nachdem eine lange Zeit seit dem Aufhören des Regens verstrichen war, erschien eine zweite Sonne«. In der Zwischenzeit war die Welt in Finsternis gehüllt. »Wenn diese zweite Sonne auftaucht, gibt es keinen Unterschied von Tag und Nacht«, sondern »eine unaufhörliche Hitze brennt auf die Welt«. Als die fünfte Sonne erschien, trocknete das Meer allmählich aus; als die sechste Sonne erschien, »füllte sich die ganze Welt mit Rauch«. »Nachdem wiederum eine lange Zeit verstrichen ist, taucht eine siebente Sonne auf, und die ganze Welt geht in Flammen auf.« Dieses buddhistische Buch weist auch auf einen noch älteren »Diskurs über die Sieben Sonnen« hin.
Die Brahmanen nannten die Epochen zwischen zwei Zerstörungen »Die Großen Tage«.
Die Sibyllinischen Bücher zählen die Zeitalter auf, in denen die Welt Zerstörung und Erneuerung durchmachte. Die Sibylle berichtete folgendes: »Die neun Sonnen sind neun Zeitalter .. . Gegenwärtig ist die siebte Sonne.« Die Sibylle prophezeite auch, daß noch zwei Zeitalter kommen sollten - das der achten und das der neunten Sonne.
Die Ureinwohner von Britisch Nordborneo erklären heute noch, daß der Himmel ursprünglich niedriger war, daß sechs Sonnen vernichtet wurden und die Welt gegenwärtig von der siebten Sonne beschienen wird.
Sieben Sonnenzeitalter werden in den Manuskripten der Mayas, in den heiligen Büchern der Buddhisten und in den Sibyllinischen Büchern erwähnt. In all den angeführten Quellen wird erklärt (und zwar von den Quellen selbst), daß die »Sonnen« aufeinanderfolgende Epochen bezeichnen, von denen jede in einer großen allgemeinen Vernichtung unterging.
Ist der Grund dafür, daß von den Völkern beider Halbkugeln das Wort »Sonne« an die Stelle des Wortes »Zeitalter« trat, etwa darin zu suchen, daß sich mit jedem Weltalter das Aussehen des Gestirns und seine Bahn am Himmel änderte?
Seite 62-65:
Die rote Welt
In der Mitte des zweiten Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung erlebte die Erde, wie ich zeigen will, eine der größten Katastrophen ihrer Geschichte. Ein Himmelskörper, der erst kurz zuvor ein Glied unseres Sonnensystems geworden war - ein neuer Komet -, kam ganz nahe an die Erde heran. Eine Darstellung dieser Katastrophe läßt sich aus den Zeugnissen rekonstruieren, die in einer großen Zahl von Dokumenten enthalten sind.
Der Komet war auf dem Wege von seinem Perihel und berührte die Erde zuerst mit seinem gasförmigen Schweif. Weiter unten in diesem Buch werde ich zeigen, daß es dieser Komet war, über den Servius schrieb: Non igneo sed sanguineo rubore fuisse (»Er war nicht von feuriger, sondern von blutiger Röte«).
Eines der ersten sichtbaren Anzeigen dieser Begegnung war, daß die Erdoberfläche von dem feinen Staub eines rostfarbenen Stoffes gerötet wurde. Dieser Farbstoff verlieh dem Wasser von Meer, See und Fluß eine blutige Färbung. Infolge dieser kleinen Teilchen eines eisenhaltigen oder anderen löslichen Farbstoffes wurde die Welt rot.
Das Manuscript Quiche der Mayas erzählt, daß auf der westlichen Halbkugel in den Tagen der großen Weltkatastrophe, als die Erde bebte und die Sonne in ihrer Bewegung innehielt, das Wasser in den Flüssen zu Blut wurde.
Ipuwer, ein ägyptischer Augenzeuge der Katastrophe, schrieb seine Klage auf Papyrus nieder: »Der Fluß ist Blut«, und dies stimmt überein mit dem Buche Exodus (7, 20): »Alles Wasser im Strom ward in Blut verwandelt.«
Der Verfasser des Papyrus schrieb weiter: »Plage ist allenthalben im Lande, Blut ist überall«, und dies deckt sich mit dem Buch Exodus (7, 21): ». .. und es war Blut in ganz Ägyptenland.« Das Auftreten des blutähnlichen Farbstoffes in den Flüssen verursachte ein Fischsterben, das Verwesung und Gestank im Gefolge hatte. »Und der Strom ward stinkend« (Exodus 7, 21). »Aber alle Ägypter gruben nach Wasser um den Strom her, zu trinken; denn das Wasser aus dem Strom konnten sie nicht trinken« (Exodus 7, 24). Der Papyrus berichtet: »Die Menschen scheuen sich, davon zu trinken; sie dürsten nach Wasser«, und weiter: »Das ist unser Wasser! Das ist unsere Labe! Was gäbe es da für uns zu tun? Alles ist Verderbnis!«
Die Haut von Mensch und Tier wurde gereizt durch den Staub, der Schwären, Krankheit und Viehsterben hervorrief - »eine sehr schwere Pestilenz«. Wilde Tiere kamen ganz nahe an die Dörfer und Städte, erschreckt durch die seltsamen Vorzeichen am Himmel.
Der Gipfel des Thrakischen Berglandes erhielt den Namen »Haemus«, und Apollodor berichtet von einer Überlieferung der Thraker, wonach der Gipfel so benannt wurde nach dem »Strom von Blut, der aus dem Berg hervorquoll«, als der Götterkampf zwischen Zeus und Typhon ausgetragen und Typhon von einem Blitzstrahl erschlagen wurde. Es heißt, daß eine Stadt in Ägypten aus demselben Grunde denselben Namen erhielt. Die Mythologie, die den Kräften des kosmischen Dramas menschliche Gestalt verlieh, schildert die Welt als rot gefärbt. In einer ägyptischen Sage wird der blutige Farbton der Welt dem Blute des Osiris, der tödlich verwundeten Planetengottheit, zugeschrieben; in einer anderen Sage ist es das Blut Seths oder Apopis'; in der babylonischen Sage war die Welt rot gefärbt vom Blute des erschlagenen Himmelsungeheuers Tiamat.
Das finnische Epos Kalevala schildert, wie die Welt in den Tagen des kosmischen Aufruhrs mit roter Milch besprenkelt war. Die Tartaren des Altai erzählen von einer Katastrophe, bei der »Blut die ganze Welt rötete«, worauf dann ein Weltenbrand folgt. Die Orphischen Hymnen berichten von einer Zeit, als das Himmelsgewölbe, »der mächtige Olymp, furchtbar erzitterte ... und die Erde ringsum fürchterlich gellte, und das Meer ins Wallen gebracht ward, aufgerührt mit seinen purpurnen Wogen!«
Eine viel umstrittene Frage ist: Woher hat das Rote Meer seinen Namen? Wenn ein Meer das Schwarze oder das Weiße heißt, dann wird das an der dunklen Färbung des Wassers oder der leuchtenden Helle von Schnee und Eis liegen. Das Rote Meer hat eine tiefblaue Farbe. Da einem nichts Besseres einfiel, führte man Korallenbänke oder rote Vögel an seinen Ufern als Erklärung für seinen Namen an.
Wie alles Wasser in Ägypten, so war auch das Wasser an der Oberfläche des »Meeres des Durchzugs« von roter Färbung. Offenbar tat Raffael keineswegs einen Mißgriff, als er bei der Darstellung des Durchzugs durch das Rote Meer das Wasser rot malte.
Es war selbstverständlich nicht dieser Berg oder jener Fluß oder ein einzelnes Meer, das gerötet war und so den Beinamen Rot oder Blutig zum Unterschied von anderen Bergen oder Meeren erwarb. Aber Scharen von Menschen, die Zeugen dieses kosmischen Aufruhrs waren und mit ihrem Leben davonkamen, schrieben den Namen Haemus oder Rot eben bestimmten Örtlichkeiten zu.
Die Erscheinung, daß »Blut« vom Himmel herabregnete, ist in räumlich begrenzten Gebieten und in kleinerem Maßstab auch in jüngerer Zeit beobachtet worden. Ein derartiger Vorfall ereignete sich nach Plinius während des Konsulats des Manius Acilius und Gajus Porcius. Auch babylonische Quellen berichten, daß roter Staub und Regen vom Himmel fielen; insbesondere Fälle von »blutigem Regen« sind in verschiedenen Ländern aufgezeichnet worden. Der rote wasserlösliche Staub, der in Wassertropfen vom Himmel fällt, hat seinen Ursprung nicht in den Wolken, sondern muß von Vulkanausbrüchen oder aus kosmischen Weiten kommen. Das Niedergehen von Meteoritenstaub nach dem Auftreten von Meteoriten ist eine allgemein bekannte Erscheinung; dieser Staub findet sich auf dem Schnee der Gebirge und Polarregionen.
Seite 67-70:
Das Niedergehen einer klebrigen Flüssigkeit, die auf die Erde herabkam und mit dickem Qualm abbrannte, wird in den mündlichen und schriftlichen Überlieferungen der Bewohner beider Halbkugeln geschildert.
Popol-Vuh, das heilige Buch der Mayas, erzählt: »Es war Untergang und Zerstörung . .. Das Meer türmte sich auf... Es war eine große Überschwemmung... Menschen ertranken in einer klebrigen Masse, die vom Himmel herabregnete ... Auf der Erde wurde es dunkel, und der düstere Regen währte Tage und Nächte . .. Und dann erhob sich ein großes Getöse von Feuer über ihren Häuptern.« Die gesamte Bevölkerung des Landes wurde ausgetilgt.
Das Manuscript Quiche hält das Bild fest, wie die Bevölkerung Mexikos im herabströmenden Pech umkommt: »Da ging vom Himmel ein Regen von Pech und von einer klebrigen Masse nieder ... Die Erde verdunkelte sich, und es regnete Tag und Nacht. Und Menschen liefen hierhin und dorthin und waren wie vom Wahnsinn ergriffen; sie versuchten, auf die Dächer zu klettern, aber die Häuser stürzten zusammen; sie versuchten, die Bäume zu erklimmen, aber die Bäume warfen sie weit weg, und wenn sie versuchten, in Höhlen und Gruben unterzuschlüpfen, so wurden diese plötzlich verschlossen.«
Ein ähnlicher Bericht ist in den Annalen von Cuauhtitlan erhalten. Das Weltalter, das in dem feurigen Regen sein Ende nahm, wurde Quiauhtonatiuh genannt, was »die Sonne des Feuerregens« bedeutet.
Und fern von hier, auf der anderen Halbkugel, in Sibirien, bewahrten die Vogulen durch Jahrhunderte und Jahrtausende folgende Erinnerung: »Gott sandte ein Meer von Feuer auf die Erde herab ... die Ursache des Feuers nennen sie >das Feuerwasser<.«
Einen halben Erdquadranten weiter nach Süden, in Ostindien, erzählen die uransässigen Stämme, daß in ferner Vorzeit Sengle-Das oder »feuriges Wasser« vom Himmel herabgeregnet sei; bis auf wenige Ausnahmen kamen alle Menschen um.
Nach der Beschreibung des Buches Exodus war die siebte Plage barad (Meteoriten) und Feuer, gemengt mit dem barad, »so grausam, daß desgleichen in ganz Ägyptenland nie gewesen war, seitdem Leute darin gewesen sind« (Exodus 9, 24). Es waren da Donner (genauer: lautes Getöse) und barad, »daß das Feuer auf die Erde schoß« (Exodus 9, 23).
Der Papyrus Ipuwer beschreibt dieses verzehrende Feuer: »Tore, Säulen und Wände werden vom Feuer verzehrt. Der Himmel ist in Verwirrung«. Dieses Feuer habe beinahe »die Menschheit ausgerottet«.
Die Midraschim bestätigen in einer Anzahl Textstellen, daß Naphtha, zusammen mit heißen Steinen, sich über Ägypten ergoß. »Die Ägypter weigerten sich, die Juden ziehen zu lassen, und Er goß Naphtha über ihnen aus, welches Beulen (Blasen) brannte.« Es war ein »Strom heißen Naphthas«. Naphtha bedeutet auf Aramäisch und Hebräisch Petroleum.
Die Bevölkerung Ägyptens wurde »verfolgt durch wunderbare Regengüsse, durch Hagel und Gewitter, denen sie nicht entrinnen konnten, und durch Feuer verzehrt. Denn das Wunderbarste dabei war, daß das Feuer mitten in dem alles auslöschenden Wasser eine größere Wirkung hatte«, wie das die Eigenart brennenden Petroleums ist; in der Aufzählung der Plagen im Psalm 105 wird es mit »Feuerflammen« bezeichnet und bei Daniel (7,10) mit »Fluß von Feuer« oder »feuriger Strahl«.
In der Passah-Haggadah wird gesagt, daß »mächtige Männer in Pul und Lud (Lydien in Kleinasien) am Passah von einer verzehrenden Feuersbrunst vertilgt wurden«.
Im Tal des Euphrat berichteten die Babylonier oft von dem »Regen von Feuer«, der in ihrem Gedächtnis lebendig war.
Alle die Länder, deren Überlieferungen von einem Feuerregen ich aufgeführt habe, bergen tatsächlich Öllager: Mexiko, Ostindien, Sibirien, Irak und Ägypten.
Nachdem die brennbare Flüssigkeit sich herabergossen hatte, mag es wohl einige Zeit lang auf der Oberfläche des Meeres geschwommen, die Oberfläche des Erdbodens durchtränkt und immer wieder Feuer gefangen haben. »Sieben Winter und Sommer lang wütete das Feuer... es hat die Erde abgebrannt«, so erzählen die Vogulen Sibiriens.
Die Geschichte von der Wanderung in der Wüste enthält eine Anzahl Hinweise auf Feuer, das aus dem Boden bricht. Die Israeliten zogen drei Tagesreisen vom Berg der Gesetzgebung fort, und es geschah, daß »das Feuer des Herrn unter ihnen angezündet ward, das verzehrte die äußersten Lager« (Numeri 11, 1). Die Israeliten zogen auf ihrem Weg weiter. Dann kam die Empörung des Korah. »Und die Erde tat ihren Mund auf und verschlang sie ... Und ganz Israel, das um sie her war, floh vor ihrem Geschrei... Und es fuhr das Feuer aus von dem Herrn und fraß die zweihundertfünfzig Männer, die das Räuchwerk opferten.« Als sie das Weihrauchfeuer anzündeten, gerieten die aus der Felsenspalte aufsteigenden Schwaden mit der Flamme in Berührung und explodierten. Nicht gewöhnt an den Umgang mit diesem an flüchtigen Bestandteilen so reichen Öl, fielen die israelitischen Priester dem Feuer zum Opfer. Die beiden ältesten Söhne Aarons, Nadab und Abihu, »starben vor dem Herrn, da sie fremdes Feuer opferten vor dem Herrn in der Wüste Sinai«. Das Feuer wurde als fremd bezeichnet, weil es zuvor nicht bekannt gewesen und weil es fremder Herkunft war.