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von Grazyna Fosar und Franz Bludorf

Wenn es keine Bilderberger gäbe, müßten sie erfunden werden. Die Menschheit braucht sie – als Wirtschaftskapitäne, als Gesprächsstoff, als Global Players und als Stoff für so manche Verschwörungstheorien (sehr frei nach Erich Kästner).

Seit vielen Jahren bereits kursieren die abenteuerlichsten Legenden über eine geheimnisumwitterte Gruppe einflußreicher Politiker und Wirtschaftsmagnaten, die hinter den Kulissen der Weltpolitik operieren soll – die Bilderberger. Nahezu unbeachtet von der Öffentlichkeit sollen sie die Geschicke der Menschheit lenken, weder kontrolliert von den nationalen Parlamenten oder gar vom Wähler, noch kommentiert von der Presse. Erst in letzter Zeit fangen auch die seriösen Massenmedien an, sich der Thematik zuzuwenden. Fazit: Wir brauchen die Bilderberger nicht zu erfinden. Es gibt sie. Ob ihre Macht wirklich so allumfassend ist, wie manchmal behauptet wird, ist fraglich. Tatsache ist aber auch, daß sie auf wichtige Entwicklungen der Weltgeschichte nach dem zweiten Weltkrieg tatsächlich Einfluß genommen haben.

Eine interessante Begegnung

1993 veranstaltete die Potsdamer Fördergemeinschaft zur Gründung einer Friedensuniversität in Berlin einen Diskussionsabend. Im Haus der Weltkulturen trafen sich drei Politpensionäre besonderer Art – der ehemalige amerikanische Außenminister Henry Kissinger, der frühere sowjetische Botschafter in der DDR, Valentin Falin, sowie Egon Bahr, in den sechziger und siebziger Jahren persönlicher Berater und Chefunterhändler des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt. Thema der Diskussion waren die Erinnerungen der drei Herren an die große Zeit der deutschen Ostpolitik sowie an die Verhandlungen zum Abkommen über den Status Berlins. Als Moderator fungierte der Journalist Giovanni di Lorenzo, seinerzeit Chefredakteur des Berliner „Tagesspiegel“.

Abb. 1: 1993 in Berlin: Henry Kissinger (2. v. links), Valentin Falin (2. v. rechts) und Egon Bahr (rechts) diskutieren unter der Leitung von Giovanni di Lorenzo (3. v. rechts). Nach dieser Diskussion hatten die Autoren Gelegenheit zu einem persönlichen Gespräch mit Egon Bahr und Henry Kissinger. Foto: Franz Bludorf

Im Verlauf der - ansonsten gar nicht so besonders erhellenden - Diskussion sprach Henry Kissinger, fast beiläufig, einen vielsagenden Satz aus, dessen Tragweite wohl der Mehrheit der anwesenden Zuhörer nicht bewußt war: „Die vier Botschafter (der Siegermächte des zweiten Weltkrieges, Anm. d. Red.) brauchten über das Berlin-Abkommen nicht viel zu verhandeln. Sie brauchten nur den Text zu unterzeichnen, den die Bilderberger ausgearbeitet hatten.“

Wir jedenfalls wurden bei dieser Äußerung sofort hellhörig. Die Frage, wer die Bilderberger eigentlich sind, kam – natürlich – im weiteren Verlauf der Diskussion nicht mehr zur Sprache. Doch nach dem Ende der Veranstaltung hatten wir die Gelegenheit, mit Egon Bahr und Henry Kissinger noch ein persönliches Gespräch im kleinen Kreis zu führen. Dabei stellten wir den beiden Herren diese Frage direkt – gespannt auf ihre Reaktionen.

Wir wurden überrascht: Abseits des großen Auditoriums hob Egon Bahr zu einer längeren Rede an und erklärte uns ganz ruhig und sachlich, was wir wissen wollten. Nach dem zweiten Weltkrieg, so begann Willy Brandts ehemaliger Chefdiplomat, habe sich spontan ein Gesprächskreis aus europäischen und amerikanischen Spitzenkräften der Wirtschaft und Politik zusammengefunden, um in der Zeit des beginnenden kalten Krieges den transatlantischen Dialog zu beleben. Initiator dieser ersten Gesprächsrunde war Prinz Bernhard der Niederlande, der Ehemann der damaligen Königin Juliana, und folgerichtig fand das erste Treffen dann im Mai 1954 auch im Hotel Bilderberg in der niederländischen Stadt Oosterbeek statt, wodurch die Gruppe zu ihrem Namen kam.

Abb. 2: Das erste Bilderberger-Treffen 1954 in Oosterbeek (Niederlande). Auf dem Podium in der Mitte Prinz Bernhard der Niederlande.

Seither – so Bahr – treffen sie sich einmal im Jahr, jeweils in einer anderen Stadt. Prinz Bernhard fungierte bis 1976 als Chairman der Bilderberger. Es war ursprünglich tatsächlich vor allem eine europäische Initiative, die von niederländischen Industriellen an den Prinzen herangetragen worden war. Heute gehört seine Tochter, die niederländische Königin Beatrix, ebenfalls zu den regelmäßigen Gästen bei den Treffen. Die Bilderberger sind ein exklusiver und in sich geschlossener Kreis, zu dem man nur durch Einladung Zutritt erhält. Das Hotel, in dem sie sich jeweils treffen, nimmt während der Konferenzdauer keine anderen Gäste auf. Auch Journalisten werden weiträumig abgeschirmt, mit Ausnahme von ein paar Auserwählten, die ebenfalls zum erlauchten Kreis der Bilderberger gehören (derzeit u.a. Donald E. Graham, Chef der „Washington Post“, Hasan Cemal, Chefkolumnist der türkischen Tageszeitung „Milliyet“ und von deutscher Seite Matthias Naas, stellvertretender Chefredakteur der „Zeit“).

Abb. 3: Der erste Tagungsort, das Hotel „De Bilderberg“ in Oosterbeek, gab der Gruppe ihren Namen

Sie wirken im Hintergrund

Daß die Bilderberger-Treffen jährlich stattfinden, steht außer Frage. Wieso, so fragt man sich aber, hört man dann nie etwas darüber in den Nachrichtensendungen? Bei anderen Gelegenheiten, etwa bei den G8-Treffen oder Weltwirtschaftsgipfeln, scharen sich doch Tausende von Journalisten um die Teilnehmer. Wie gesagt, zum unmittelbaren Konferenzort erhält kein externer Journalist Zugang, und die Teilnehmer selbst verpflichten sich, über alles, was sie im Verlauf der Tagung hören oder sagen, Stillschweigen zu bewahren. Haben sie etwas zu verbergen? Insider wiegeln ab: Es gehe lediglich darum, daß im Verlauf der Konferenz jeder Teilnehmer die Chance haben soll, frei und manchmal auch unausgegoren seine Ideen zu äußern, ohne befürchten zu müssen, dies sofort am nächsten Tag in den Zeitungen zu lesen.

Das mag sein, aber wenn sich eine so große Gruppe bedeutender politischer und ökonomischer Spitzenkräfte trifft, sollte da nicht die Öffentlichkeit auch einen Anspruch auf Information haben?

Es ist unbestritten, daß wichtige Entwicklungen in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg auf Ideen und Initiativen der Bilderberger zurückgehen. Dazu gehört nicht nur das anfangs zitierte Berlin-Abkommen.

Als erstes Resultat dieses neuen Dialogs kam es 1957, drei Jahre nach Gründung der Gruppe, zum Abschluß der Römischen Verträge, also zur Gründung der EWG, dem unmittelbaren Vorläufer der Europäischen Union. Diesen Zusammenhang bestätigte George McGhee, früherer US-Botschafter in Bonn.

Der Club der „großen Grauen“

Vielfach wird spekuliert, in der Bilderberger-Gruppe träfen sich die bekannten Größen der Weltpolitik hinter verschlossenen Türen. Nichts könnte falscher sein als das.

Wenn man die Teilnehmerlisten der Jahre 2004 und 2005 liest, wird man Namen wie George W. Bush, Tony Blair, Gerhard Schröder oder Wladimir Putin vergeblich suchen. Nur in wenigen Fällen werden aktive Politiker während ihrer Amtszeit zu den Tagungen eingeladen (von deutscher Seite z. B. Bundesinnenminister Otto Schily und die CDU-Vorsitzende Angela Merkel). Es waren Wirtschaftsführer dabei wie z. B. David Rockefeller, Pepsi-Cola-Chef Indra K. Nooyi, Heather Reisman (Indigo Books & Music Inc.), Vertreter von Shell Oil und BP oder der Daimler-Chrysler-Vorsitzende Jürgen Schrempp, von politischer Seite dagegen eher ehemalige Größen wie Henry Kissinger oder Belgiens früherer Premierminister Jean-Luc Dehaene.

Königin Beatrix der Niederlande

Henry Kissinger

Etienne Davignon

Otto Schily

Angela Merkel

David Rockefeller

Abb. 4: Einige prominente Bilderberger

Hinzu kommen vor allem „graue Eminenzen“ der Weltpolitik, z. B. Richard N. Perle vom American Enterprise Institute for Public Policy Research, eine der schillerndsten Figuren im Umfeld der Bush-Administration. Der bekennende „Falke“ Perle gilt als wichtigster Berater von US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und dessen Stellvertreter Paul Wolfowitz und ist als solcher auch einer der Architekten des Irak-Krieges gewesen. Auch die Pläne zum NATO-Krieg gegen Serbien sollen im Kreis der Bilderberger entstanden sein. Es ist schon bemerkenswert, welch großen Einfluß auf wichtige Weichenstellungen der Weltpolitik dieser „Club der großen Grauen“ besitzt, dessen Mitglieder zum größten Teil keine gewählten Volksvertreter sind und über dessen Aktivitäten der Öffentlichkeit fast nichts bekannt wird.

Sprungbrett für politische Karrieren

Wenn auch die meisten Bilderberger selbst nicht in politischen Ämtern sitzen, gilt die Gruppe doch als wichtiges Sprungbrett für politische Karrieren. Einige Beispiele:

Bill Clinton war als Gouverneur von Arkansas Teilnehmer des Treffens von 1991 und wurde 1992 erstmals zum US-Präsidenten gewählt. Tony Blair wurde ein Jahr nach seiner Teilnahme am Bilderberger-Treffen 1993 in Griechenland Chef der Labour Party. 1997 erfolgte seine Wahl zum Premierminister. Romano Prodi war 1999 eingeladen und wurde noch im gleichen Jahr Chef der EU-Kommission. George Robertson nahm 1998 am Treffen in Schottland teil und wurde 1999 NATO-Generalsekretär. Diese Tatsache sorgte dafür, daß gerade das Jubiläumstreffen 2004 in Stresa (Italien) zum 50. Jahrestag der Gründung der Gruppe besonderes Interesse bei der Weltpresse erweckte. Auf dieser Tagung hielt nämlich der Senator des USBundesstaats North Carolina, John Edwards, eine vielbeachtete Rede. Nur einen Monat später berief ihn John F. Kerry zu seinem Vizepräsidentschaftskandidaten.

Die Bilderberger haben in ihrer fünfzigjährigen Geschichte nicht immer auf Sieger gesetzt, wie auch die New York Times konstatiert. Vielleicht muß man zur Durchsetzung bestimmter Ziele auch einmal jemand verlieren lassen?

Abb. 5: Die Tagungsorte 2004 und 2005 in Stresa (Italien, links) und Rottach-Egern (Oberbayern, rechts)

Zu den Delegierten der Konferenz von Stresa 2004 hatte auch Italiens Wirtschafts- und Finanzminister Tremonti gehört. Nur wenige Wochen später trat Tremonti von seinem Amt zurück, nachdem er sich in einem Koalitionsstreit um geplante Haushaltskürzungen von Ministerpräsident Berlusconi nicht hatte durchsetzen können. Auch die zwei Skull&Bones-Logenbrüder George W. Bush und John F. Kerry veranstalteten für die Öffentlichkeit im Herbst 2004 ein riesiges Wahlspektakel, dessen Ergebnis wir alle kennen. Dies alles zeigt, daß keineswegs alle nationalen oder internationalen Entwicklungen von den Bilderbergern „vorausbestimmt“ werden. Zumindest scheinen ihre Mitglieder nicht unantastbar zu sein. Man findet also unter den Bilderbergern ehemalige Politiker, deren Aufgabe es zu sein scheint, zukünftige Politiker aufzubauen. Und wer kümmert sich um die Gegenwart? Die machen sie vermutlich selbst!

Der innere Kreis der Macht

Überhaupt wäre es grundfalsch, in den Bilderbergern eine Art von geheimer „Bruderschaft“ zu sehen. Die Mitgliederliste verändert sich von Jahr zu Jahr erheblich. Oft erhalten auch sehr prominente Politiker nur ein einziges Mal eine Einladung (Bill Clinton z. B. 1991, noch bevor er Präsident war, Helmut Kohl im Jahre 1988. Interessant: genau ein Jahr vor dem Fall der Mauer!). Institutionalisiert sind nur die Treffen, nicht jedoch die Gruppe an sich. Wer bestimmt die Auswahl der Teilnehmer? Hierzu muß man wissen, daß die Bilderberger eine pyramidenförmige hierarchische Organisation haben. An der Spitze steht ein Inner Circle („innerer Kreis“), der auch den Namen Advisory Group trägt. Diese kleine Gruppe kommt auch zwischen den jährlichen Treffen regelmäßig zusammen und bestimmt die Teilnehmerliste der nächsten Konferenz. Zu diesem inneren Kreis gehören zur Zeit David Rockefeller, der Brite Eric Roll of Ipsden, Mitglied des Oberhauses und Ex-Chef der Warburg-Bank, sowie der deutsche Industrielle Otto Wolff von Amerongen. Die nächste Ebene bildet das Steering Committee (Führungskomitee), auch Outer Circle („äußerer Kreis“) genannt. Ehren-Generalsekretär ist der Brite J. Martin Taylor von Goldman Sachs International, als sein Stellvertreter fungiert Etienne Davignon von der Societé Generale de Belgique. Hinzu kommt als Executive Secretary die Niederländerin Maja Banck-Polderman, die auch das ständige Bilderberger-Büro in Leiden leitet. Zusätzlich entsenden die Mitgliedsstaaten nationale Vertreter in dieses Gremium, das insgesamt 31 Mitglieder umfaßt. Die große Gruppe der eigentlichen Mitglieder trifft sich, wie gesagt, in wechselnder Besetzung nur einmal im Jahr.

Verschwörung oder Lobby?

Man liest über die Bilderberger meist in der klassischen Verschwörungsliteratur. Das ist sicher kein Wunder, wenn eine Gruppe so einflußreicher Personen sich regelmäßig abgeschirmt von der Außenwelt trifft. Dennoch stellen die Bilderberger sicher keine Gruppe von Verschwörern im klassischen Sinne dar, die hinter verschlossenen Türen sinistre Pläne über unsere Zukunft machen. Es ist wesentlich subtiler. Die Bilderberger sind eher eine äußerst einflußreiche Lobby, die daran arbeitet, zusammen mit den eingeladenen Politikern eine Art Grundkonsens über bestimmte Werte herzustellen, die dann von den Politikern umgesetzt werden. Daß dies durchaus nicht immer gelingt, zeigt das Beispiel des Italieners Tremonti. Etwas ketzerisch könnte man jedoch sagen, die Bilderberger tagen nicht nur total abgeschottet von der Öffentlichkeit, sondern auch von der Realität. Zu ihren wichtigsten Grundüberzeugungen gehört natürlich die Globalisierung, und sie vertreten vehement den Standpunkt, es sei unbestreitbar, daß die Globalisierung für die gesamte Menschheit gut und auch populär sei.

Globalisierung und Global Players

Der britische Journalist Will Hutton vom Londoner Observer bezeichnete sie einmal als „Hohepriester der Globalisierung“, was inzwischen in Journalistenkreisen so etwas wie ein zweiter Name der Bilderberger geworden ist. Das bedeutet nicht, daß die Bilderberger amerikanische Hegemonialpläne fördern würden, wie sie etwa der Doktrin des Bush-Clans entsprechen. Sie propagieren zwar auch eine Weltregierung, aber eher als multilaterale Lösung, unter dem Dach einer gestärkten UNO.

So müssen die USA auf den Bilderberger-Treffen für ihre Politik durchaus auch manchmal „Prügel“ einstecken. Prominentester Kritiker der Bush-Politik im Outer Circle ist der Belgier Etienne Davignon. Auch Tony Blair wurde schon des öfteren im Kreis der Bilderberger gescholten, zum Beispiel, weil er seine Zusage, in Großbritannien den Euro einzuführen, nicht einhalten konnte.

Abb. 6: Mögliches Modell einer neuen Weltordnung, wie sie die Bilderberger favorisieren

Über die Themen, die bei der diesjährigen Bilderberger-Konferenz im bayerischen Rottach-Egern diskutiert wurden, drang natürlich auch wieder nicht viel an die Öffentlichkeit. Hauptthemen sollen die europäisch-amerikanischen Beziehungen, Rußland, Iran, Irak, der nahe Osten, Asien, ökonomische Probleme sowie die Nonproliferation von Atomwaffen gewesen sein. Die Bilderberger favorisieren als langfristiges Ziel, in den beiden Amerikas sowie in Asien Freihandelszonen nach Art der Europäischen Union zu schaffen. Am Ende soll dann die Welt im Grunde nur noch in drei große Machtblöcke aufgeteilt sein. Entsprechend soll es dann auch nur noch drei wichtige Währungen geben - den Dollar, den Euro und eine noch zu schaffende asiatische Einheitswährung. Wenn Sie sich fragen, wo bei diesen ganzen Sandkastenspielen eigentlich die Afrikaner bleiben - danach fragt bei den Bilderbergern offenbar niemand. Ihnen scheint nur die Dauerrolle des Käufers, Almosenempfängers und billigen Rohstofflieferanten zugedacht zu sein.

So wird es klar, daß man nicht alles glauben soll, was über die Bilderberger kursiert. Aber sie sind auf jeden Fall ein höchst schillerndes Element der Weltpolitik!

Die Herren der Zeit

Die Agendas der Bilderberger-Konferenzen seit 1954 lesen sich - naturgemäß - wie ein Geschichtsbuch europäischer und internationaler Nachkriegsgeschichte. Allerdings mit einer wichtigen Veränderung, wodurch die Bilderberger doch als Gestalter unserer Zukunft - als Herren der Zeit sozusagen – erscheinen (wenn natürlich auch einige Damen dabei sind!): Bei einigen wichtigen politischen und wirtschaftlichen Themen wird nämlich deutlich, daß die Bilderberger keineswegs nur auf historische Entwicklungen reagieren, sondern sie prägen und ausarbeiten, denn ihre Agenda läuft in diesen Fällen den äußeren Ereignissen voraus. Einige Beispiele haben wir schon im Artikel erwähnt, so etwa die europäische Einigung. Sie stand 1955 und 1956, also vor dem Abschluß der Römischen Verträge von 1957, auf der Tagesordnung. Aus deutscher Sicht ist auch die Tagung 1988 in Telfs-Buchen (Österreich) von großem Interesse. Zum ersten und einzigen Mal gehörte der langjährige Bundeskanzler Helmut Kohl zu den Teilnehmern, und zum ersten Mal seit den fünfziger Jahren wurde „die deutsche Frage wieder aufgegriffen“. Wohlgemerkt - 1988, nicht 1989, als die Berliner Mauer tatsächlich fiel! Was soll der äußere Anlaß gewesen sein, 1988 über „die deutsche Frage“ zu reden? Das Kulturabkommen zwischen Deutschland und Kamerun? Steffi Grafs zweiter Wimbledon-Sieg oder der sechste Europameistertitel für Katarina Witt? Nach einem Blick ins Geschichtsbuch würde man über 1988 eigentlich sagen: „Nothing important happened this year.“ Planten also die Bilderberger den Fall der Mauer?

Abb. 7: Diese unscheinbare und unauffällige Broschüre enthält gewaltigen Zündstoff – die Agendas der Bilderberger der letzten 50 Jahre!

Allerdings konnten wir inzwischen auch hochinteressante Verbindungen zum Vatikan recherchieren, über die wir in unserem Buch „Zeitfalle“ ausführlicher berichten. Danach stand die „deutsche Frage“ im Vatikan bereits 1987 auf der Tagesordnung!

„Wenn wir wirklich glauben würden, daß wir die Welt steuern, würden wir sofort in totaler Verzweiflung resignieren.“, sagte Bilderberger-Chairman Etienne Davignon in einem Interview der Financial Times. Vielleicht war das ja nur eine scherzhafte Bemerkung. Vielleicht aber ist es auch wahr. In diesem Falle allerdings wissen die Bilderberger genau, wer die Welt wirklich steuert, da sie auf seine Pläne reagieren...

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Publikationen von Grazyna Fosar und Franz Bludorf zum Thema Bilderberger finden Sie hier:

Grazyna Fosar / Franz Bludorf

Zeitfalle

Michaels Verlag, Peiting 2005.

288 S., 100 Abb., 45 Farbfotos

EUR 24,80. ISBN 3-89539-386-X.