Alhazred, Abdul; Gregorius, Gregor A.
Rezension von sgo
Aus der Reihe "Cthulhu"
Diese deutsche Necronomicon-Ausgabe ist von den drei mir bislang bekannten Versionen auf den ersten Blick durchaus die Überzeugendste, denn es handelt sich hier um ein in schwarzes Leinen gepacktes Hardcover-Buch. Damit schlägt es natürlich die doch etwas empfindlichen Paperbacks der amerikanischen Paperback-Ausgabe oder das von der Aufmachung her eher an ein Sozialkundebuch der Unterstufe gemahnendes „Buch der toten Namen“ vom Aussehen her um Längen. Das ist zwar immer noch Welten entfernt von den wurmstichigen Bänden im Menschenhaut-Einband lovecraftscher Prägung, aber so ein ekelhaftes Ding käme mir sowieso nicht ins Haus. Ich bin schließlich kein verrückter Kabbalist, sondern einfach nur ein Rollenspieler, der sich auf der Suche nach etwas zusätzlichem und kostengünstigem Material für seine Cthulhu-Kampagne befindet.Die erste Überraschung erwartete mich beim Öffnen des Buches, denn ich KANNTE dieses Material: der Inhalt ist völlig identisch mit der amerikanischen Paperback-Ausgabe von Ed Simon, welche ich erst vor ein paar Tagen für die X-zine rezensiert habe. Seltsamerweise wird Simon vom Schikowski-Verlag mit keinem Wort erwähnt. Seltsam ist diese fehlende Quellenangabe schon. Liegt hier etwa eine Urheberrechts-Verletzung vor, wie es ja bereits das Vorwort vom „Buch der toten Namen“ für die Schikowski-Version dunkel andeutete? Nun ja, ich möchte da keine Gerüchte in die Welt setzen, gehen wir also bis zum Beweis des Gegenteils davon aus, das der Verlag sich mit Simon irgendwie einvernehmlich geeinigt hat. Immerhin muss man zugeben, das sich auch Simon auf dünnem Eis befindet; Wer behauptet nur eine tausend Jahre alte Necronomicon-Ausgabe übersetzt zu haben, kann nun bei weiteren „Übersetzungen“ aus einer anderen Quelle schwer auf sein Urheberrecht pochen. Der Verkaufserfolg des Buches lebt ja von der Fiktion, das es sich beim Necronomicon um ein echtes Werk aus dem achten Jahrhundert handelt. (Das ist es natürlich nicht; Lovecraft hat das Buch nur erfunden!)
Dieses Werk jedenfalls soll nach Materialien des deutschen Magiers Gregor A. Gregorius entstanden sein, welcher in dem selben Haus residierte, in dem nun der Schikowski-Verlag seinen Sitz hat.
Ich spare mir hier eine vollständige Rezension des Buches; der Inhalt ist weitgehend identisch mit dem amerikanischen Necronomicon, welches auf der X-zine eingesehen werden kann. Die Kapiteleinteilung ist identisch und die Zeichnungen genauso. Auch die „Siegel“ der bösen Mächte im „Buch des Wurms“ sehen immer noch wie das Gekritzel aus, welches ich beim Telefonieren auf die Schreibtischunterlage schmiere. Dies erklärt mir endlich, wieso so viele meiner Gesprächspartner einen Herzinfarkt erleiden; ich dachte schon ich nerve sie, dabei habe ich sie nur verhext;-).
Im Text gibt es kleinere Abweichungen zur US-Fassung, welche allerdings durch eine etwas hölzerne Übersetzungsleistung erklärbar sind. Einiges fand ich ja noch ganz witzig gemacht. Wenn das englische „Abyss“ durch „Abyssos“ übersetzt wurde steigert dies ja noch den Eindruck, das tatsächlich ein griechisches Werk übersetzt wurde; an anderen Stellen ist die deutsche Version aber deutlich schwächer als das englische Original.
Beispiel gefällig? Aus „for that sight ist failing me“ wird ein völlig unsinniges und wenig elegantes„denn ihr Anblick ermangelt mir.“
Ein Vorteil hat die deutsche Version jedenfalls gegenüber dem englischen Text: während es laut US-Vorwort keinerlei Bannsprüche gegen die Mächte Chtulhus gibt, genügt in der deutschen Variante ein einfaches „Vater-Unser“, um die diese bösen Mächte zu vertreiben. Gott sei Dank!
Zusätzlich zum Necronomicon gibt es noch die „Goetia“, welche auch als der „Kleinere Schlüssel Salomonis“ bekannt ist. Salomon hat 72 Geister aus mir nicht so recht einleuchtenden Gründen in ein Messinggefäß gesperrt. Angeblich wegen deren Hochmuts, aber vielleicht wollte er sich ja auch nur ein Späßchen machen. Jedenfalls soll die Goetia alle notwendigen Kenntnisse vermitteln um diese Geister zu beschwören. Eine Tabelle zeigt die geheimen Kräfte der verschiedenen Geister an; so kann man hieraus ablesen, das der Geist BALAM nicht nur unsichtbar machen kann, sondern seine Beschwörer auch noch Geistreich machen kann. Vermutlich will er sich so einfach nur vor allzu unbedachten Befehlen schützen. Geister haben es halt auch nicht leicht.
Es werden in der Goetia eine Menge hübscher Siegel abgebildet. Mit Cthulhu hat dies alles aber nur noch wenig zu tun, interessierte mich daher auch nur noch am Rande.
Fazit: Wer nicht des Englischen mächtig ist oder eine nette Ergänzung für seinen Bücherschrank möchte ist mit diesem Werk recht gut bedient. Allerdings wird er es sich antiquarisch besorgen müssen, denn im Buchhandel ist es seit Jahren nicht mehr bestellbar. Allen anderen sei eher die preiswerte US-Alternative ans Herz gelegt.