Die letzten Jahrzehnte waren, zu Recht, eine Epoche des schwindenden Vertrauens in die Schulmedizin. Das geht sogar so weit, das vieles von dem, was sich ,,modernen Medizin" nennt, Überhaupt nicht mehr als existent anerkannt wird. Wenn man die sechs großen Fachgebiete einer genauen Prüfung unterzieht, nachdem die oberflächliche Tünche einmal abgekratzt ist, wird es schwer sein festzustellen, wieviel Wirklichkeit noch davon übrigbleibt. In der Kinderheilkunde, meinem eigenen Fachgebiet, gab es bis in die Vierziger Jahre dieses Jahrhunderts nur ein paar tausend Spezialisten, und die Zahl wuchs praktisch nicht an, bis im Zuge der technischen Entwicklungen der Rüstungsindustrie des Zweiten Weltkrieges die Babynahrungsindustrie einen gewaltigen Aufschwung nahm.
Seitdem hat sich die Zahl der praktizierenden Kinderärzte mindestens verzehnfacht, und die Verkaufszahlen für Babynahrung sind noch um ein Vielfaches Angestiegen. Ohne die Sanktionierung durch die Kinderärzte währe es niemals möglich gewesen, daß Kuhmilch und der Saft der Sojabohne die Muttermilch so schnell und so vollständig verdrängen konnten. Im Einzugsbereich einer großen staatlichen Universität im Mittelwesten, zu dem hauptsächlich Menschen mit geringem Einkommen gehören, fiel die Prozentzahl von stillenden Müttern innerhalb von 10 Jahren von 99 auf 1 Prozent. Wie verständlich, wenn man bedenkt, daß die Kinderärzte dort und ihre Mitarbeiter, d.h. Schwestern und Sozialarbeiter, jeder Mutter, die ein Kind bekam, unentgeltlich künstliche Babynahrung zur Verfügung stellten. Dieses ,,Geschenk" wurde begleitet vonden süßen Lügen der Ärzte, welche die Frauen noch dazu verleiteten, die - sowieso schon durch ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gezwungen oder durch die Propaganda der ,,Selbstverwirklichung" verlockt - in die Arbeitswelt gedrängt wurden.
Die falschen Zusicherungen dieser Fachleute lullten über zwei Generationen von Müttern in einen Traum von Sicherheit ein, der es ihnen möglich machte, ihre zarten Kinder unüberlegt, aber ach so vertrauensvoll einem Alptraum von Krankheiten auszusetzen, die bei Brustkindern praktisch nie auftreten ( Akrodermatis enteropathica, hypocalzämische Tentanie, neoanatale Hypothyreose, E coli Meningitis, nekrotisierende Enterocolitis und plötzlicher Kindestod), und gleichzeitig dafür zu sorgen, daß diese Säuglinge in späteren Jahren in überdurchschnittlich hoher Zahl an Gastroenteritis, Pneumonie, Ekzemen, Heuschnupfen, Astma, Fettleibigkeit, Bluthochdruck und Artherosklerose erkranken würden.
Natürlich gaben diese Kinderärzte ihre Empfehlungen reinsten Herzens, aber sie dürfen ihre Unwissenheit nicht als Entschuldigung benutzen. Sie kannten die Wahrheit, denn wissenschaftliche Untersuchungen bewiesen fast ausnahmslos, daß in Verbindung mit künstlicher Babynahrung höhere Todesraten und Krankheitzahlen auftraten. Warumerkklärten sie Mütter - und Vätern - mit Honigsüßen Worten, die künstliche Babynahrung sei ein annehmbarer Ersatz der menschlichen Muttermich ? Warum führten sie die Mütter und ihre Kinder auf diesen Freudenpfad, dessen Ende so makaber ist ?
Die Gründe dafür sind vermutlich äuserst vielfältig, und zu diesen Gründen gehören mit Sicherheit Habgier (die Kinderärzte und Kinderheilkunde können ohne die Babynahrungsindustrie vermutlich gar nicht existieren), Dummheit (noch nie in der Geschichte haben die Ärtzte besondere geistige Unabhängigkeit bewiesen), Unwissenheit (die Vielzahl der medizinischen Veröffentlichungen dient nur zur Zerstörung der Kommunikation, und zum Lesen von Zeitungen und Zeitschriften lassen Ärzte sich nicht herab) und fehlgeleitetes Verhalten (Ärzte berufen sich immer auf die besten Absichten, während doch jeder weiß, daß das Beste oft des Guten Feind ist).
Doch all diese Gründe werde recht unerheblich für diejenigen, die im Endeffekt geschädigt sind.
Es gibt ein einfaches Rezept dafür, eine Kinderheilpraxis zu verlieren. Man muß nur den Müttern die Wahrheit sagen! Man muß ihnen nur sagen, die Flaschennahrung bedrohe die Gesundheit und das Leben ihres Babys. Dies wird bei den Müttern, die ihr Kind mit Flaschennahrung aufziehen,Schuldgefühle erzeugen (eine Kardinalsünde in der Kinderheilkunde) und sie werden den Arzt wechseln. Dem betreffenden Kinderarzt bleiben dann nur noch die ,,Brustkinder", die fast nie Krank werde. Untergang einer florierenden Praxis!
Ich habe für mich dieses Dilemma gelöst, indem ich ganz einfach und simpel (meine Kritiker sagen: ,,simplitisch") keinerlei Mütter als Patientinnenannehme, die nicht stillen wollen. Außer einer beidseitigen mastektimie (Brustamputation) gibt es keine Contraindikation gegen das stillen; und mit der entsprechenden Unterstützung kann auch jede Mutter stillen. Werdenden Müttern, die die Flaschennahrung vorziehen, steht es natürlich frei, sich einen Arzt zu suchen, der der Ansicht ist, Flaschennahrung sei ein Vollwertiger Ersatz für Muttermich. Ich jedenfalls wähle mir weiterhin eine Elitegruppe von Patientinnen aus, die meine Philosophie und ethischen Vorstellungen über Geburt, Stillen, mütterliche Fürsorge und große Familien teilen, und deren Ansichten in anderen Gebieten daher auch weitgehend mit den meinen zusammenfallen. Übrigens werden die Mitglieder dieser ,,Subkultur" (oderwenn man so will, ,,Superkultur") nur äußerst selten Krank; und erleichtern mir auf diese Weise mein Leben beträchtlich.
Wenn also Kinderheilkunde die Flaschennahrung verliert - und all die Infektionen, Allergien, Krankheiten und die Sterblichkeistrate, die damit verbunden sind - wird dieses Fachgebiet nahezu verschwinden.
Das gleiche gilt für die Geburtshilfe, ein weiteres Fachgebiet, dessen Stern im Untergang begriffen ist. Von der Auslöschung durch fallende Geburtszahlen bedroht, die paradoxerweise von der Politik der ,,Familienplanung", die die Gynäkologen und Geburtshelfern selbst unterstützt haben, überlebt dieses Fach heute nur mit Schwangerschaftsunterbrechungen und lukrativen Keiserschnitten anstelle von Geburten auf natürlichen Wege. Dennoch läßt die steigende Zahl von Hausgeburten und die wachsende Ablehnung einer radikalen Abtreibungspraxis vorhersehen, daß die riesige Zahl von Gynäkologen und Geburtshelfern mit all ihren technologischen Raffinessen wie Dammschnitt, Geburtüberwachung auf dem Monitor, Analgetika, Abrasieren der Schamhaare, Einleitung der Geburt und die Schmerzfreie Entbindung ablehnen, wird fruher oder später eine Abnahme der momentan noch steigenden Zahlen von geschädigten und mißgebildeten neugeborenen zu beobachten sein.
Dazu kommt, daß es jungen Geburtshelfern ohne die irrationale Technik der modernen Geburtshilfe nicht möglich sein wird, sich eine Klientel ,,anzulegen" , dessen Pathologie es diesen Spezialisten ermöglicht, später als ausgereifte Gynäkologen zu arbeiten. Zur Kinderheilkunde kommen also auch Geburtshilfe und Gynäkologie als Fachgebiete, die eigentlich nicht existieren.
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