In einem U-Bahnhof einer Großstadt auf diesem herrlichen Planeten an einem kalten Januar Morgen!
Ein Mann spielt mit einer Violine sechs Stücke von Johann Sebastian Bach in einer Zeit von fast 45 Minuten.
Während dieser Zeit gingen ungefähr zweitausend Menschen an ihm vorüber, die meisten auf dem Weg zu ihrer Arbeit.
Drei Minuten später: Ein Mann mittleren Alters nahm wahr, daß ein Musiker spielte. Er verlangsamte für wenige Augenblicke seine Schritte und blieb für Sekunden stehen, um dann schnell weiter zu hetzen, damit er seine Bahn noch erreichte.
Vier Minuten später: Der Musiker erhält seine ersten Münzen, eine Frau warf das Geld in den bereitstehenden Hut, ohne stehen zu bleiben ging sie weiter.
Sechs Minuten später: Ein junger Mann lehnte sich gegen die Wand und hörte hin, dann schaute er auf seine Armbanduhr und hetzte weiter.
Zehn Minuten später: Ein etwa dreijähriges Kind blieb stehen und lauschte, seine Mutter jedoch zog ihn geschwind hinter sich her. Das Kind blieb nochmals stehen und sah zu dem Musiker hin, doch die Mutter stieß ihn unsanft an weiterzugehen, wobei sich das Kind immer wieder zu dem Musiker umdrehte. Dieses Verhalten der Kinder wiederholte sich mehrmals, wobei die Eltern ohne Ausnahme ihre Kinder zwangen, schnell weiterzugehen.
Fünfundvierzig Minuten später: Der Musiker spielte ohne Unterbrechung. Nur sechs Menschen blieben eine kurze Zeit stehen, um zu lauschen. Ungefähr zwanzig Personen gaben Geld, gingen jedoch weiter, um ihren Zeitplänen nachzugehen. Der Musiker nahm eine Summe von etwa einem guten Mittagessen ein.
Eine Stunde später: Der Musiker hörte auf zu spielen, und „Stille“ kehrte ein, außer den normalen Geräuschen, die auf jedem U-Bahnhof zu hören sind. Niemand beachtete ihn. Niemand applaudierte, noch wurde der Vorgang wahrgenommen.
Was niemand wußte, der Musiker war der Violinist Joshua Bell, einer der weltbesten Musiker, der einige der schönsten Stücke spielte, die je komponiert worden sind, mit einer Violine, die etwa einen Wert von dreieinhalb Millionen US-Dollar hatte. Zwei Tage zuvor spielte Joshua Bell vor einem ausverkauften Konzerttheater in einer anderen Großstadt, wo der Preis für einen Sitzplatz durchschnittlich 100,--US-Dollar kostete.
Dies ist eine wahre Geschichte.
Joshua Bell spielte inkognito in der U-Bahnstation im Rahmen eines Experimentes unter dem Motto: „Sinnliche Wahrnehmung, Geschmack und die Prioritäten der Menschen“. Die Fragen, die dabei auftauchen: Können wir an einem alltäglichen Platz zu jeder Zeit Schönheit wahrnehmen? Können wir anhalten, um es zu genießen? Können wir das Talent in einer unerwarteten Umgebung wahrnehmen?
Eine der möglichen Schlußfolgerungen aus diesem Experiment ist: Wenn wir keinen Moment Zeit haben anzuhalten, um einem der besten Musiker unser Ohr zu leihen, um einer der schönsten Musik zu lauschen, die je komponiert wurde, gespielt auf einem der besten Instrumente die je gebaut wurden ... was, ja was sonst vermissen wir dann noch?
Organisiert wurde diese Geschichte von der Washington Post als ein Teil einer Sozial-Studie.
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