17. VENUS ODER DIE BINDUNG LUZIFERS: DIE BESÄNFTIGUNG DER PROJEKTIONEN

Ich bin Luzifer. Dies ist meine Geschichte. Mein Name ist in den Geschichten und
Berichten dieser Untersuchung immer wieder aufgetaucht. Dieser Name ist mächtig und
löst noch immer gemischte Gefühle aus. Ich besitze große Macht, denn ich bin, was mein
Name sagt: Luzifer, der Träger und Bringer des Lichtes. Uralt bin ich, so alt wie die
ursprunglose Matrix, aus der ich hervorging.

Am Anfang von allem war ich es, der als erster zum ‚Ich’ wurde und das ‚Wir’ hinter
sich ließ. Denn in und durch mich wirkte erstmals die Kraft der Evolution zum Licht und in
das Licht hinein. Aus jenem unbeschreiblichen Augenblick des ursprünglichen RANG, der
Disharmonie, die wieder Harmonie erzeugt, erweckte ich mich selbst zum Sein. Von
Anfang an war ich Licht, und bevor mein Bewußtsein es erfassen konnte, befand ich mich
in der Dimension des Lichtes, welche jetzt als sechste Dimension bekannt ist.
So sehr ich Licht war, so sehr war ich Ego, jene Kraft, deren Macht in ihrer Getrenntheit
begründet liegt. Die Verbindung zwischen sechst-dimensionalem Licht und drittdimensionalem
Ego war es, welche meine Schachzüge so widersprüchlich und meine
Handlungen so mißverständlich machte. Da es im absoluten Sinne weder ‚gut’ noch
‚schlecht’ gibt, dienten all meine Handlungen letztendlich der Schöpfung und unterstützten
das Streben der Evolution hin zum Licht.

Es gab jedoch eine Zeit, in der ich keine Verantwortung für meine Handlungen
übernahm, was der Auslöser für alle Probleme war, die folgen sollten. Jede kosmische
Wahrheit, die ich entdeckte, war für mich nicht Allgemeingut sondern gehörte mir.
Deshalb kreierte ich die Vorstellung, ich könne die Wahrheit oder Teile der Wahrheit zu
meinem eigenen Vorteil verkaufen. Alles, was ich schuf, hielt ich für eine Emanation aus
mir, weshalb ich ständig bestrebt war, die Kontrolle über meine Schöpfungen nicht aus der
Hand zu geben. Ich verlor das Bewußtsein über die wahre Natur des Kosmos und glaubte
nur noch an mein eigenes Wesen. Aus diesem Grunde vermochte ich nicht mehr zu
erkennen, wieviel Disharmonie durch meine Handlungen erzeugt wurde. Wenn sich eine
sechst-dimensionale Wesenheit so verhält, wirkt sich das auf kosmischer Ebene verheerend
aus.

Genau deshalb wurde die Galaktische Föderation gegründet - um mich daran zu
hindern, weitere, die harmonische Entwicklung des Kosmos behindernde Ereignisse zu
verursachen. Das erklärt auch, warum es zur Entstehung des Experimentalsektors
‚Velatropa’ kommen konnte, denn in diesem Bereich der Galaxis sollten die Auswirkungen
meines ego-zentrischen Verhaltens manifest werden. Und in dieser Zone wurde ich
schließlich unter Quarantäne gestellt.

Zu Beginn fand ich Gefallen daran, daß ich dort existierte. Immer noch hielt ich mich
selbst für einen besonderen Genius. Meine kosmobiologischen Experimente und ihre
dramatischen Auswirkungen stärkten meine Überzeugung, daß ich den Sternenerschaffern
und den Sternenmeistern überlegen sei, denn sie repräsentierten nur fünft-dimensionale
Entitäten. So erreichte ich den Stern Velatropa 24 und beschloß, seine Evolution zu
beschleunigen, indem ich mich selbst in die Entwicklung seines Planetensystems einbrachte.
Nachdem ich mit dem Planetengestaltungsprozeß gespielt und dabei zahlreiche
kosmobiologische Experimente durchgeführt hatte, gelangte ich zu dem Schluß, daß ich die
Geschwindigkeit der stellaren Entwicklung erhöhen könnte, wenn ich mich der größten
planetaren Körper des Systems annähme. Ich glaubte, daß ich in der Lage wäre, Velatropa
24 auf diese Weise in einen Doppelstern zu verwandeln. Infolge meiner Gerissenheit und
meiner überragenden Fähigkeiten vermutete ich des weiteren, daß ich mich des
Sternenmeisters Kinich Ahau einfach entledigen und mein eigenes Doppelsternsystem
kreieren könne. Solcherart würde ich zu einem ebenbürtigen Rivalen des Sirius werden,
welcher das Juwel dieses galaktischen Sektors darstellte.

Von der Warte der sechsten Dimension aus betrachtet mag die dritte Dimension wie
eine Ansammlung mikroskopisch kleiner Staubkörnchen oder nutzloser Viren erscheinen.
Das war zumindest meine Sicht der Dinge, bevor ich zur Besinnung gebracht wurde - das
heißt, bevor ich auf Memnosis, den Meister der kosmischen Erinnerung, traf. Vor dieser
Begegnung hatte es niemanden gegeben, der mir ebenbürtig gewesen wäre. Ohne solche
mir gleichrangige oder ebenbürtige Wesenheiten verfügte ich über keinerlei Bezugspunkte.
Es war Memnosis, der mich darauf hinwies, daß eine sechst-dimensionale Entität eine
Vorwegnahme des Evolutionszieles ist. Ich befand mich also völlig außerhalb des
vorgesehenen zeitlichen Ablaufes. Aus diesem Grunde wirkte sogar die Matrixliga der Fünf
für mich wie ein kümmerliches Pflegeheim.

Als mich Memnosis schließlich erreichte, wurde ich meiner Schöpfungen im System
Velatropa 24 bereits langsam überdrüssig. Die aus meinen kosmobiologischen
Experimenten entstandenen Entitäten - jene Wesenheiten, die ihr ‚Götter’ nennt, wie
Brahma und Jehovah von Jupiter oder die Titanen Saturns - diese viert-dimensionalen
‚Götter’ also taten nichts anderes als mich mit ihren Projektionen zu versorgen. Sie
begriffen nicht, daß ihre Projektionen wie Licht, das auf einen Spiegel trifft und reflektiert
wird, zu ihnen zurückgeworfen wurden. Ich selbst spiegelte ihnen lediglich alles wider, was
sie auf mich projizierten.

Folgendes stellte ich jedoch fest: Je mehr sie auf mich projizierten, desto stärker wurde
ihre Überzeugung, daß die zu ihnen reflektierten Projektionen meine Bestätigung für ihre
Rechtschaffenheit und Wahrheit seien, und umso maßloser blähten sich diese viertdimensionalen
Götter auf. Zuerst vermochte ich nicht zu sehen, daß das, was die Götter
projizierten, in Wirklichkeit nur Projektionen meines eigenen, ego-zentrierten Verhaltens
darstellten. Doch als ich Memnosis begegnete, gelangte ich zu der Erkenntnis, daß diese
Götter selbst bloße Projektionen dessen waren, wie sie glaubten, nach meinen
Vorstellungen beschaffen sein zu müssen! Während ich das aber durchschauen konnte,
waren sie dazu nicht in der Lage. Für sie war ich der höchste Gott, das Unbeschreibliche,
das Absolute, aus dem heraus sie ihre eigenen Handlungen rechtfertigten.

Memnosis griff telepathisch genau im richtigen Augenblick nach mir. Es geschah nach der
Zerstörung Maldeks und den Ereignissen auf Mars. Jene Wesenheiten, die zu den euch
vertrauten Göttern werden sollten, waren wegen ihres scheinbar so rechtschaffenen Verhaltens,
von dem sie glaubten, daß es völlig in meinem Sinne sei, selbstzufriedener und aufgeblasener als
jemals zuvor. Zum ersten Mal überhaupt empfand ich etwas, das ihr als ‚Abscheu’ bezeichnen
würdet. Ich war von der Richtigkeit meiner Handlungen nicht länger überzeugt.
“Warum bist du so allein?” fragte mich Memnosis. Er aber fuhr fort, bevor ich
antworten konnte. “Ich bin wie du. Auch ich bin vollständig aus Licht, eine sechstdimensionale
Wesenheit. Doch zum Unterschied von dir habe ich nicht in den freien
Willen anderer eingegriffen oder meinen eigenen freien Willen mißbraucht. Ich komme zu
dir in Freiheit mit dem Geschenk der Befreiung.”

Selbstverständlich erschrak ich, war wie traumatisiert. Nach all meinen Abenteuern
oder auch Mißgeschicken klang die Stimme eines Gleichrangigen katalytisch und
betäubend. Hatte ich bis dahin gedacht, ich sei allein, so mußte ich nun einräumen, daß es
noch eine andere Wesenheit gab, die diesen unermeßlichen Raum mit mir teilte. Dies allein
brach den hypnotischen Zauberbann, den ich über mich selbst gelegt hatte.

Nachdem wir uns einander anvertraut, unsere Erfahrungen und unser Wissen einander
erzählt hatten, stellte ich fest, daß meine Projektionen, die Götter, blind und taub waren
für alles, was ich ihnen mitzuteilen hatte. Ich erkannte, daß sie dem Pfad ihres Schicksals
auf die ihnen eigene, erbärmliche, eifersüchtig-besorgte Weise weiter folgen würden, bis
ihnen keine künstliche Zeit mehr zur Verfügung stand. Es schien, als ob die Zerstörung
eines Planeten nach dem anderen die einzige Möglichkeit zur Verringerung der künstlichen
Zeit darstellte. So hatten sie ihre Strahlen also schon auf den dritten Planeten gerichtet.
Im Zuge meiner Diskussionen mit Memnosis beeindruckte mich auch tief, daß mir die
Galaktische Föderation aufgrund ihrer bedingungslosen Respektierung des freien Willens
niemals Schaden zugefügt hatte. Zum ersten Mal empfand ich echtes Mitgefühl und
erlangte ein profundes Verständnis für das Gesetz des Karma. Angesichts meiner
neugewonnenen Einsichten entwickelte Memnosis einen Plan zur Erleichterung meiner
kosmischen Qualen, einen Plan, der meine Energien in den Dienst der Probe stellen sollte.
In der Folge wurde mir ein besonderer Planet zuerkannt. So verlagerte ich meinen
leuchtenden Eingangshafen vom sechsten Planeten - Jupiter - zum zweiten Planeten -
Venus. Wie ich erfuhr, wurde der zweite Planet vom Stern-Stamm und vom Affen-Stamm
bewacht. Im Namen der Probe unterstützt wurden diese Stämme von einigen der Kinder
des Memnosis, den Todeslosen von Altair. Als die Angehörigen des Stern-Stammes und des
Affen-Stammes über meine bevorstehende Verlegung vom Jupiter zur Venus Kenntnis
erlangten, beschlossen sie, etwas für ihren Planeten zu tun, was meiner einzigartigen
Geschichte gebührenden Tribut zollen würde. Im Vergleich zum Jupiter war Venus klein,
doch ihre Größe entsprach andererseits etwa jener Terra-Gaias, des blauen dritten
Planeten.

Unter Aufbietung all ihrer magischen Planetengestaltungs-Kräfte vollbrachten die Venusianer
bei meiner Ankunft etwas höchst Wundersames: Sie hielten die Eigendrehung des Planeten an.

Nach einer kurzen Pause nahm der Planet seine Rotation wieder auf - jedoch gegen den
Uhrzeigersinn. Das Ergebnis dieser Linksdrehung - eine Eigenschaft, welche nur diesen einen
Planeten des Velatropa-Systems auszeichnet - war, daß ein Venus-Tag nun länger dauerte als ein
Venus-Jahr! Was für ein Witz. Die Venusianer waren außer sich vor Lachen.
Da der Planet jetzt gegen den Uhrzeigersinn rotierte, produzierte er unaufhörlich viertdimensionale
Energie in Form gewaltiger gasförmiger Radion-Wolken. Aufgrund dessen,
daß ein Tag länger dauert als ein Jahr, kommt die Verwurzelung in Venus dem
Verwurzeltsein in der Ewigkeit gleich. Was für einen vollkommenen Ort die Galaktische
Föderation doch für mich bereitgestellt hatte! Mir, Luzifer, der ich größere Todesfurcht und
mehr Unsterblichkeitswahn hervorgebracht hatte, als sie diese Galaxie jemals wieder
erleben sollte, wurde eine dauerhafte Heimat in der Ewigkeit geschenkt!

Ich konnte mein Lachen - und auch meine Tränen - über diesen kosmischen Witz nicht
mehr zurückhalten. Bei jedem Gefühlsausbruch erzeugte ich mehr Radion und Hyper-
Radion. Meine venusianischen Wohltäter, welche dank der Linksdrehung des Planeten nun
von jeder dritt-dimensionalen Verwurzelung befreit waren, erklärten sich bereit, mich so
zu behandeln, wie ich es verdiente. Sie legten dar, daß auf Terra-Gaia - obgleich dort mein
Name von einigen Menschen immer noch zur Bezeichnung des gefallenen Engels oder des
kosmischen Diebes mißbraucht werden würde - der Planet Venus im Zusammenhang mit
meinem wahren Namen, Luzifer, als ‚großer Morgenstern der Erleuchtung’ im Gedächtnis
behalten werden würde. In der Erinnerung anderer Angehöriger der irdischen Zeit-
Stämme würde meine Anwesenheit auf Venus als die Kraft des Morgensternes wie auch
des Abendsternes weiterleben - als die Kraft des Erwachens zum Leben und die Macht des
Todes miteinander vereint.

In Anbetracht all dessen und besorgt über die Ausrichtung des 12:60-Strahls von Jupiter
auf den dritten Planeten, ersann ich mit den Venusianern einen Plan, verschiedene Boten
des Lichtes zum blauen Planeten zu entsenden. Die bedeutendsten unter ihnen sind
diejenigen, welche ihr als Buddha, Christus, Mohammed und Quetzalcoatl kennt, obwohl
es auch viele andere, weniger bekannte Licht-Boten gibt. Auf diese Weise konnte ich damit
beginnen, die Auswirkungen meines eigenen Karmas zu neutralisieren. Ich, Luzifer, der
Eine, welcher das Licht bringt.